Im Tourenwagenbereich ist es seit langem ganz normal, das Fahrverhalten des Autos auch durch die Verwendung verschiedener Karosserien abzustimmen, da die Aerodynamik bei den erzielbaren Geschwindigkeiten einen nicht zu unterschätzenden Faktor darstellen. Auch im Offroad-Bereich sind für viele Modelle verschiedene Karosserien erhältlich, wobei man hierzulande zumindest auf Clubrennen nur selten Fahrer erlebt, die mehrere verschiedene Deckel als Abstimmungsoption in der Kiste haben. Für meine letzten Buggys, den Yokomo B-Max 2 und den VBC Firebolt DM, war das Zubehörangebot eher überschaubar, für den Team Associated B5M, auf den ich vor kurzem umgestiegen bin, sieht die Sache schon ganz anders aus. Um den Lesern der RC-News die Erprobung abzunehmen, habe ich neben den gängigen auf dem deutschen Markt verfügbaren Karossen noch eine etwas exotischere Karosse von Team Azarashi aufgetrieben, um folgender Frage auf den Grund zu gehen: Merkt man einen Unterschied zwischen den verschiedenen, doch eher kleinen Buggydeckeln?
Zunächst ein Überblick über die verschiedenen Karosserien, ihr Gewicht im lackierten Zustand und den Lieferumfang. Die Gewichtsangaben der Karosserien, die ich auf Kunstrasen getestet habe, liegen ein paar Gramm über dem, was den Nutzer eines herkömmlichen B5M erwarten dürfte. Auf Kunstrasen und Teppich fahre ich mit dem Redworkshop Low-Rider-Umbausatz, somit weichen die Schnittkanten dieser Karosserien von den regulären ein wenig ab. Über die Ästhetik der einzelnen Designs ließe sich sicher trefflich debattieren, da es hier aber einzig um das Fahrverhalten der Lexanhauben gehen soll, belasse ich es bei einem ‚es sollte für fast jeden was dabei sein‘. 😉
JConcepts Finnisher (0281)
Lieferumfang | Karosse, Abdeckmasken, Sticker, 2 Flügel (6.5″ Hi-Clearance) |
Gewicht | 39 g (Schnittkante Low-Rider) |
Getestet | MAC Eifel Elos e. V. (sandiger Kunstrasen), Panik Team Troisdorf e. V. (griffiger Kunstrasen) |
JConcepts Silencer (0273)
Lieferumfang | Karosse, Abdeckmasken, Sticker, 2 Flügel (6.5″ Hi-Clearance) |
Gewicht | 38 g (Schnittkante Low-Rider) |
Getestet | MAC Eifel Elos e. V. (sandiger Kunstrasen), Panik Team Troisdorf e. V. (griffiger Kunstrasen) |
Runde 1
Die ersten Testfahrten fanden im Rahmen der Vorbereitung auf den 3. Lauf des NRW-Offroad-Cups 2015 auf der sandigen Kunstrasenstrecke des MAC Eifel Elos e. V. in Hellenthal statt. Der Griff auf der kleinen aber feinen Bahn wahr aufgrund der Wetterbedingungen ein wenig durchwachsen: Nach einem Regenschauer war die Strecke berechenbar, da der Sandanteil befeuchtet war. Nachdem die Sonne das Grün weiter abgetrocknet hatte, wurde die enge und winklige Strecke noch anspruchsvoller, da die Vorderräder bei zu viel Gaseinsatz schon einmal von den Hinterrädern eingeholt wurden. Hierbei zeigte sich im direkten Vergleich die Silencer von ihrer lebhaften Seite: Das Fahrzeug sprach jederzeit spontan auf Lenkbefehle an, war dabei aber stets unter Kontrolle.
Die Finnisher, ebenfalls aus dem Hause JConcepts, verlieh mir zunächst mehr Vertrauen, da der B5M mit ihr spürbar ruhiger lag. Die Sache hatte jedoch sprichwörtlich einen Haken, denn der Wagen hakte gelegentlich unangekündigt ein und das Heck scherte aus, vergleichbar einem Strömungsabriss bei einem Formel-1-Boliden. Für die Strecke in Hellenthal hatte sich damit für mich trotz meiner rein ästhetischen Präferenz der Finnisher-Karosserie die Silencer als Favorit erwiesen.
Ein weiterer Test fand in Hellenthal mit dem Low Rider unter anderen Vorzeichen statt, soll heißen im Rahmen der LRP-Offroad-Challenge mit den für den Untergrund nicht optimalen LRP-VTEC-Reifen. Bis auf ein leicht schwammigeres Fahrverhalten, dass auf den Einheitsreifen zurückzuführen war, bestätigte sich der Eindruck vom 3. Lauf des NRW-Offroad-Cups 2015.
Die nächste Ausfahrt fand im Rahmen des Trainings für den 4. Lauf in Troisdorf statt. Die renovierte und deutlich vergrößerte Bahn zeichnet sich durch einen penibel vorbereiteten, ebenen Untergrund, anspruchsvolle Sprungkombinationen und Schikanen und nicht zuletzt sehr guten Griff aus. Das Fahrverhalten ist durch die Vorarbeit der Streckenbauer jederzeit berechenbar, was den Piloten jeglicher Grundlage für Ausreden beraubt. Auf der technischen Strecke glänzte die Finnisher durch ein stabiles Fahrverhalten in schnellen Streckenabschnitten wie der langgezogenen Schikane vor der Auffahrt zum berüchtigten Baum, der im Vergleich zu den Jahren vor dem ersten Umbauabschnitt deutlich an Schrecken verloren hat. Mit frischen Reifenvorne und hinten ließ sich der Low Rider aggressiv um den Kurs prügeln, dass es eine wahre Freude war. Mit betagteren Trainingsreifen untersteuerte der Wagen stärker, was sich durch einen Karosseriewechsel aber weitgehend beheben ließ. Mit der Silencer wurde der B5M-Umbau wieder ein wenig lebendiger, die schnelleren Runden waren aber eindeutig mit frischen Reifen und der Finnisher möglich.
Pro-Line Phantom (3429-00)
Lieferumfang | Karosse, Abdeckmasken, Sticker, 1 Flügel (Trifecta), Finne, Befestigungsmaterial |
Gewicht | 40 g (mit Finne) |
Getestet | RCRT Duisburg e. V. (sehr rutschiger Lehm), Panik Team Troisdorf e. V. (griffiger Kunstrasen) |
Team Associated RC10B5M body, clear (91538)
Lieferumfang | Karosse, Abdeckmasken |
Gewicht | 34 g |
Getestet | RCRT Duisburg e. V. (sehr rutschiger Lehm), Panik Team Troisdorf e. V. (griffiger Kunstrasen) |
Team Azarashi Lepter (AZ-0045)
Lieferumfang | Karosse, Abdeckmasken, Sticker, Klettband |
Gewicht | 23 g (!) |
Getestet | MAC Eifel Elos e. V. (sandiger Kunstrasen), Panik Team Troisdorf e. V. (griffiger Kunstrasen) |
Rein optisch gehen die Karossen weit auseinander: Die Baukastenkarosse, die auch von Pro-Line für Team Associated hergestellt wird, erinnert an die frühen Bulldog-Modelle, die Finnisher und die Phantom weisen eine noch ausgeprägtere Kabine auf, während das Cockpit bei der Silencer und der Lepter entgegen des Cab-Forward-Trends kleiner ausfällt bzw. weiter in die Mitte gerückt ist. Hiervon verspricht man sich ein neutraleres Handling.
Dies sollte sich bei den Testfahrten im Rahmen des LRP-Offroad-Challenge-Laufs auf der unfertigen Strecke des RCRT-Duisburg e. V. bestätigen. Die noch sehr unebene und extrem rutschige Strecke hatte es gewaltig in sich. Mittel- und Heckmotorfahrzeuge hatten in verschiedenen Passagen ihre Vor- und Nachteile, wobei die ersten beiden Plätze am Ende des Tages an Mittelmotorbuggys gingen (Platz 1 Andreas Hüttepohl/VBC Firebolt DM, Platz 2 Markus Schmidt/B5M/Infinity-Chassis, Platz 3 Markus Kick DEX210 RM).
Bei den extremen Gegebenheiten auf dem Südring stellte sich für mich schnell die Team Azarashi Lepter als ideal heraus, was sowohl auf den niedrigeren Schwerpunkt als auch die weniger aggressive Formgebung zurückzuführen sein dürfte. Wie erwartet ordnete sich die auch noch recht gut fahrbare Standardkarosserie zwischen der Lepter und der für meinen Geschmack auf dieser Strecke deutlich zu aggressiven Pro-Line Phantom ein. Team Associated hat also seine Hausaufgaben gemacht und dem B5M einen guten Kompromiss für die meisten Tracks mit in die Kiste gelegt.
Beim 4. Lauf des NRW-Offroad-Cups beim Panik Team Troisdorf e. V. trat ich mit dem B5M Low Rider an, konnte jedoch Richard Oster als Testfahrer gewinnen, um die „normal“ ausgeschnittenen Karosserien auch einem Test auf griffigem Untergrund unterziehen zu können. Der auf dem Duisburger Lehm gewonnene Eindruck bestätigte sich, wobei das aggressivere Lenkverhalten der Phantom in Verbindung mit der stabilisierenden Finne deutlich positiver aufgenommen wurde. Die Baukastenkarosserie war wie gewohnt OK, ohne besonders hervorzustechen. Die gutmütige Team Azarashi Lepter bestach durch ihren tiefen Schwerpunkt, wodurch der B5M auf der im Vergleich zum Trainingsdonnerstag noch einmal griffigeren Bahn deutlich weniger zum Kippen neigte.
Um der Lepter das stellenweise wahrgenommene Untersteuern abzugewöhnen, drückte ich Richard kurzerhand das Mittelteil des LMR Avior-Flügels in die Hand, um ihn aufrecht hinter der Dämpferbrücke auf die Karosserie zu kleben. Wie ich dem Fahrbild und Sprungverhalten des B5M sowie Richards Gesichtszügen entnehmen konnte, ging das Experiment hundertprozentig auf: Der Wagen neigte genauso wenig zum Kippen wie vorher, bog aber wesentlich zügiger ums Eck. Am späten Nachmittag wollte Richard der Phantom noch einmal eine Chance geben, und nach ein paar Set-Up-Änderungen ging es vorwärts, so dass die Karosse auch den ganzen Sonntag über auf dem Auto blieb. Der Wagen bot ein gutes Lenkverhalten, hätte nach Richards Meinung in der Abschlussbesprechung aber noch ein wenig leichtfüßiger agieren können – was sich durch Entfernen der Finne leicht hätte bewerkstelligen lassen.
Fazit
Mit verschiedenen Karosserien kann man selbst bei Buggys im Maßstab 1:10 das Fahrverhalten in nicht unerheblichem Maße beeinflussen. Im Zusammenspiel mit verschiedenen Front- und Heckflügeln kann man den Wagen perfekt auf seine Bedürfnisse abstimmen, denn nicht nur der Fahrwerksabstimmung sollte man Aufmerksamkeit schenken. Je nach Fahrstil und Strecke kann es sich also durchaus lohnen, sich außer der neutralen Baukastenkarosserie noch ein oder zwei weitere Deckel in die Kiste zu legen.
5 Kommentare
netter test.
Super wäre es wenn es zu diesen Karosserien eine Tabelle geben wurde wo und bei welchen Bedingungen welche karo am besten geht.
So ein body chart halt wie es proline und bitty design gemacht haben.
Bekommst du so was vielleicht hin Markus?
Schwierig, da spielen zu viele Faktoren mit rein. Bei der LRP-HPI-Tabelle kann man von gleichbleibenden Bedingungen ausgehen, was Strecke und Reifen angeht, das ist bei den Buggys völlig anders. Wie soll man z. B. das beschriebene Abrissverhalten der Finnisher in Hellenthal in Zahlen ausdrücken?
Grundsätzlich würde ich sagen: Griff hoch Finnisher/Lepter mit Frontflügel/Phantom (ohne Finne bei engen Kurven); Griff mittel Silencer; Griff niedrig Silencer/Baukasten/Lepter; Griff sehr niedrig Lepter. Für Kunstrasenfahrer sind die beiden JConcepts-Deckel sicherlich eine gute Wahl (Silencer fühlt sich ähnlich aber irgendwie lebendiger an, als die Kit-Karo), für rutschigen Lehm würde ich zusätzlich zur Baukastenkaro die Lepter einpacken.
Noch zur Ergänzung: Die Karosserien wurden an den jeweiligen Tagen zunächst mit ein und dem selben Heckflügel verwendet, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Für viele kann es also durchaus ausreichend sein, sich ein paar Flügel mit unterschiedlichen Schnittkanten in die Kiste zu legen, wenn sie sich auf eine Karosserie eingeschossen haben. Persönlich würde ich zumindest eine aggressive zusätzlich zu einer neutralen nicht mehr verzichten wollen, die verschiedenen Heckflügel betrachte ich als Muss.
Hallo Markus,
Schöner Test, sehr sorgfältig! Schade, das die Sweep fehlt (ich weiß,dir gefällt sie nicht) jedoch ist sie unter aerodynamischen Gesichtspunkten durchaus interessant….
Bin zumindest mehr als zufrieden;-)
Mit der richtigen Lackierung kann die sogar ganz gut aussehen, wenn man den Hubbel am Heck ein wenig kaschiert. Gründe dafür, die Sweep Muzzle außen vor geblieben ist waren, dass der ganze Kram einschließlich Lackierung eigenfinanziert ist, die Muzzle ähnliche Eigenschaften wie die Phantom und die Finnisher haben dürfte, und ohne weiteres nicht in den heimischen Läden zu haben ist. Bei der Azarashi Lepter habe ich diesbezüglich eine Ausnahme gemacht, weil ich die unbedingt haben wollte. 😉